Marie Luise von Halem spricht zur Großen Anfrage 12 der CDU-Fraktion „Medienwirtschaft im Land Brandenburg“

Es gilt das gesprochene Wort! [Anrede] Im vergangenen Jahr war die Glienicker Brücke gesperrt. Autofahrer mussten Umwege nach Berlin fahren und auch Spaziergänger kamen nicht mehr über die Brücke. Sie alle wissen es: Tom Hanks und Hollywood waren zu Besuch. Bei Eiseskälte drehten sie den Show-down zu „Bridge of Spies“ – und wir in Potsdam waren live dabei. ‚Unser Oskar-Preisträger’! Einnahmen im Stadtsäckel: 838,45 Euro. Ideelle Einnahmen - so jedenfalls unser Oberbürgermeister Jann Jakobs - ein ‚weltweiter Imagegewinn‘, der mit „Zehntausenden Euro‘ nicht aufzuwiegen wäre. - Ja, natürlich reden wir über die Regionaleffekte der Medienwirtschaftsförderung, nicht nur in Potsdam.

10.03.16 –

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

Im vergangenen Jahr war die Glienicker Brücke gesperrt. Autofahrer mussten Umwege nach Berlin fahren und auch Spaziergänger kamen nicht mehr über die Brücke. Sie alle wissen es: Tom Hanks und Hollywood waren zu Besuch. Bei Eiseskälte drehten sie den Show-down zu „Bridge of Spies“ – und wir in Potsdam waren live dabei. ‚Unser Oskar-Preisträger’! Einnahmen im Stadtsäckel: 838,45 Euro. Ideelle Einnahmen - so jedenfalls unser Oberbürgermeister Jann Jakobs - ein ‚weltweiter Imagegewinn‘, der mit „Zehntausenden Euro‘ nicht aufzuwiegen wäre. - Ja, natürlich reden wir über die Regionaleffekte der Medienwirtschaftsförderung, nicht nur in Potsdam.

Und die sind – so überhaupt bezifferbar - höchst ungleich verteilt. Das mag einem aufstoßen, ist aber letztlich die logische Folge dieses verwobenen Wirtschaftsbereiches, in dem Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg so deutlich besser funktioniert als anderswo. Und da ich ja zu denen gehöre, die immer wieder bessere Vernetzung einfordern, im Hochschulbereich, im Verkehrsbereich, in der Bildung, etc., werde ich hier mit Kritik an mich halten. Deutlich wird aber doch, dass von dieser gelungen Kooperation – von ausländischen Akteuren mal ganz abgesehen - in erster Linie die Berlin-nahen Regionen Brandenburgs profitieren. Wir sehen ein deutliches Gefälle: sowohl zwischen Berlin und dem Speckgürtel, oder wahrscheinlich eher noch dem Potsdamer Raum, als auch zwischen demselben und den Berlin-fernen Regionen.

Trotzdem: Die Medienwirtschaft ist DAS Paradebeispiel für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Berlin, insbesondere im Filmbereich: Der Standort Babelsberg ist eine starke Marke, 3.000 Menschen arbeiten dort. Babelsberg profitiert von den Produzenten und Kreativen in Berlin, und Berlin vom Babelsberger Ruf. Der Standort hat ein weltweit positives Image. Ein gutes Zeichen, dass bei der EU-Förderung im Medienbereich 2010-2014 im Schnitt 37% der deutschlandweit vergebenen Mittel an berlin-brandenburgische Unternehmen flossen!

Im Innovations- und Internetbereich hinkt Brandenburg hingegen stark hinter Berlin her, dem Zentrum für digitale Wirtschaft. Das könnte zumindest für Potsdam einiges Potential bergen, wenn es in der Landeshauptstadt mehr geeignete Gewerbeflächen gäbe – aber das ist natürlich vor allem ein kommunales Problem.

Hätten wir z.B. ein großes Technologiezentrum, einen Knotenpunkt für die Internetwirtschaft mit ähnlicher Attraktivität wie Babelsberg für die Filmwirtschaft, dann könnten wir die jungen Leute, die in Brandenburg ausgebildet werden, besser hier halten. Besonders erfreulich ist es deshalb, dass die Landesregierung explizit die Medienwirtschaft zukunftssicher im digitalen Zeitalter aufstellen will (Frage 5) – wenn wir auch keine Ahnung haben, was das konkret bedeutet.

Viele Fragen konnte die Landesregierung nicht beantworten, z.B. wie viele Start-Ups sich in den letzten fünf Jahren entwickelt haben, und wie viele Bauchlandungen es dabei gegeben hat? Oder wie viel Prekariat sich in der Medienwirtschaft tummelt? Zumindest spiegelt sich der deutliche Zuwachs an Unternehmen des Medienstandortes nicht in einem entsprechenden Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Beim RBB sind die Planstellen in zehn Jahren um 9% reduziert worden, die Zahl der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist um 15% gestiegen.

Andere grundsätzlichere Fragen wurden nicht einmal gestellt, z.B. ob das Förderverhältnis zwischen Technikentwicklung und Kreativität gut abgewogen ist? Welche Prioritätensetzungen ergeben sich durch die Ansiedlung der Förderung im Wirtschafts- statt im Kulturministerium? Und wie ist das eigentlich mit der Frauenquote? Bei ARD- und ZDF-Produktionen z.B. liegt der Anteil der Regisseurinnen z.B. bei ca. 10% und es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch wir vor allem Männer fördern.

Und wie beurteilen wir, dass die hier kreativ Ausgebildeten, die Drehbuchautoren, Regisseure, die Grafiker und Spieleentwickler, oft jahrelange Durststrecken zu überwinden haben in der Hoffnung auf irgendwann vielleicht eintretenden Erfolg?

Aber auch von diesen offenen Fragen abgesehen, macht mich die Große Anfrage etwas ratlos – es geht mir ähnlich wie Kollegin Kerstin Meier von den Linken in der 4. Legislaturperiode, die in der Debatte zur damaligen Großen Anfrage Medienwirtschaft nachfragte: Was genau ist ihr politischer Nutzen?

Den großen gemeinsamen Entschließungsantrag tragen wir gerne mit – eingedenk natürlich der Tatsache, dass ein Antrag, den vier von fünf Fraktionen einbringen, Koalition und Opposition gemeinsam, außer wohlmeinenden Absichtserklärungen nicht viel konkrete Forderungen enthalten kann. Aber er wirft immerhin wichtige Fragen auf und legt das Thema auf Wiedervorlage.

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Reden