Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Kindertagesstättenanpassungsgesetz“

- Es gilt das gesprochene Wort! [Anrede] „Zum derzeitigen Zeitpunkt ist nicht abzuschätzen, inwieweit die hier vorgeschlagene Novellierung positive Auswirkungen auf die Qualitätssicherung haben kann.“ Das ist so zu lesen in der Stellungnahme des Landkreises Märkisch-Oderland, die zu unserer Anhörung vorgelegt wurde.Den anschaulichsten Beitrag zur Anhörung aber hat die eingeladene Kita-Leiterin abgegeben: Aufgrund des Personalengpasses in ihrer Kita konnte sie leider weder kommen noch eine schriftliche Stellungnahme verfassen.

29.06.17 –

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

„Zum derzeitigen Zeitpunkt ist nicht abzuschätzen, inwieweit die hier vorgeschlagene Novellierung positive Auswirkungen auf die Qualitätssicherung haben kann.“ Das ist so zu lesen in der Stellungnahme des Landkreises Märkisch-Oderland, die zu unserer Anhörung vorgelegt wurde.
Den anschaulichsten Beitrag zur Anhörung aber hat die eingeladene Kita-Leiterin abgegeben: Aufgrund des Personalengpasses in ihrer Kita konnte sie leider weder kommen noch eine schriftliche Stellungnahme verfassen.

Tja – mühsam ernährt sich das Eichhörnchen! Eine kleine Nuss nach der anderen, den erforderlichen Vorrat anzuhäufen, ist schwierig. Auch wir haben – soweit ich das überblicken kann – über wenig Themen so häufig, so kleinteilig und mit so viel Engagement hier gestritten wie über Kindertagsbetreuung.
Nun also mal wieder drei kleine Nüsschen: Ein bisschen Schlüsselverbesserung, ein bisschen Leitungsfreistellung und ein bisschen mehr sonstiges pädagogisches Personal. Alles gut, natürlich stimmen wir zu.

Aber trotz Verbesserung dürfen wir nicht vergessen: Im Bundesvergleich stehen wir immer noch miserabel da. Wir liegen beim Betreuungsschlüssel auf dem vorletzten Platz für die Kinder unter 3 Jahren und auf dem drittletzten Platz bei den Kindergartenkindern.

Das macht schon klar: Wenn wir das Kita-Gesetz hier diskutieren, dann geht es weniger um das, was der Gesetzentwurf enthält, als vielmehr um all die Punkte, die fehlen!

Und das heißt erstens, dass wir weitere Schlüsselverbesserungen brauchen, den schon oft von uns geforderten Stufenplan, der aufzeigt, wie wir zumindest an den Bundesdurchschnitt kommen können. Das Personal ist das A und O. Wären wir mit Personal besser versorgt, dann könnte sich Leitung besser um Leitung kümmern und so viele Sonderprogramme wir z. B. Sprachförderung wären gar nicht nötig, weil die Erzieherinnen einfach ihre Arbeit besser machen könnten. Und es wird ja auch immer klarer, dass mittlerweile genau die schlechten Rahmenbedingungen den Ausschlag dafür geben, dass junge Erzieherinnen lieber woanders hingehen, als in Brandenburg zu bleiben.

(Und wenn Sie mir jetzt wieder erzählen, wir seien Spitze, weil die Betreuungsquote bei uns so hoch ist, dann sage ich Ihnen: Kein Mensch käme auf die Idee, die Anzahl der durchgeführten Blinddarmoperationen in einem Krankenhaus zu loben und mit der Anzahl den Mangel an Qualität zu entschuldigen!)

Zweitens und drittens brauchen wir – zumindest solange der Personalschlüssel bei uns noch so miserabel ist, weitere Schritte bei der Leitungsfreistellung (der Landes-Kinder- und Jugend-Ausschuss hat uns aufgefordert, statt der jetzt geplanten 2,5 h mal gleich das Doppelte zu veranschlagen!) und auch eine Veränderung bei der Kostenberechnung, um den vielerorts langen Betreuungszeiten Rechnung zu tragen, die den Kreisen vom Land nicht erstattet werden. Das Stichwort heißt hier: 3. Betreuungszeitstufe.

Und last not least brauchen wir ein landesweites Qualitätsmonitoring, worin zumindest die grundlegenden Qualitätsmerkmale guter frühkindlicher Bildung erfasst werden. Wir haben eine Vielzahl von Trägern und einen Wildwuchs an (oft sehr guten!) Evaluationssystemen – aber der Effekt ist: Keiner blickt mehr durch und keiner von uns weiß, wie gut die Kitas eigentlich sind in unserem Land. Ich bin sicher, hier muss sich niemand verstecken, aber ein bisschen mehr Übersichtlichkeit wäre schon hilfreich, nicht zuletzt für die Eltern.

Wir wissen auch: Das alles kostet Geld. Deshalb haben wir Ihnen bei der letzten Haushaltsberatung vorgeschlagen, von den gut 300 Mio. €, die wir ab 2020 aus dem Länderfinanzausgleich zusätzlich erhalten, 200 Mio. € schon jetzt für eine Verbesserung der Kindertagespflege vorzusehen. Leider haben Sie das nicht gewollt – aber noch ist es nicht zu spät, seine Meinung zu ändern!

Heute freuen wir uns über die drei Nüsse für den Vorrat des Eichhörnchens. Aber wenn wir auf Morgen gucken, wird klar: Davon wird es noch nicht satt, die Mühsal geht noch lange weiter.

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Reden