Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zur Errichtung und Auflösung von Landesbehörden sowie zur Änderung von Rechtsvorschriften“

20.01.16 –

Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zur Errichtung und Auflösung von Landesbehörden sowie zur Änderung von Rechtsvorschriften“

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

Wir stolpern ja immer wieder darüber, wie wenig sich die politische Relevanz und der inhaltliche Umfang eines Plenartagesordnungspunktes in der vorgesehenen Debattenzeit niederschlägt. Hier haben wir wieder so einen Fall: Immerhin haben wir jetzt 8 min pro Fraktion. Was gegenüber 5 min pro Fraktion für ein Partikularthema wie z.B. das Gräberfeld in Schmölln immernoch eine schräge Relation ist. Denn gemessen an dem, was dieses ‚Mantelgesetz’ umfasst, wie viele Ressorts betroffen sind, ist der ‚Mantel’ eigentlich kein Mantel mehr, sondern eher ein Hauszelt.

Natürlich wollen auch wir einer neuen Landesregierung zugestehen, die veränderten Ressortzuschnitte in den Landesbehörden nachzuvollziehen. Das bringt eine Landtagswahl so mit sich.

Obwohl das Gesetz vernünftige Schritte beinhaltet, wie z.B. die erneute Verlängerung des Standarderprobungsgesetzes oder die Auflösung des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, werde wir es ablehnen und deshalb fokussiere ich mich hier auf unsere Kritik:

Thema Landesumweltamt: Wir haben uns von Anfang an strikt gegen eine Zersplitterung des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz durch die Abspaltung der Verbraucherschutzabteilung ausgesprochen. Nachdem Sie bereits eine Personalrochade bei den Spitzen von LUGV und LELF (Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung) vollzogen haben, was wir massiv kritisieren, schrumpfen Sie nun auch noch das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz zu einem Landesamt für Umwelt zusammen. Natürlich ist der Verbraucherschutz im Landesumweltamt weiter sinnvoll! Es gibt zahlreiche inhaltliche Schnittstellen: Trinkwasserqualität, Gentechnik oder die Überwachung der Immissionsschutzverordnungen. Auch das zukünftige Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit wird von zwei Ministerien geführt, das entzieht Ihrer Argumentation den Boden! Ein Schelm, wer dabei denkt, es gehe Ihnen in Wirklichkeit um die weitere Schwächung des Umweltamtes!

Thema Soziales und Gesundheit: In Fachkreisen ist es absolut unstrittig, dass die Themen Soziales und Gesundheit sehr eng miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig bedingen. Endlich wurden die beiden Themen wieder zusammengeführt. Leider folgt wegen der Verwaltungsstrukturreform keine Zusammenführung in ein gemeinsames Landesamt – für uns ein großer Kritikpunkt!

Nächste Abteilung im Hauszelt: Die Reform der Reform der Schulämter, zur Steigerung der Übersichtlichkeit jetzt noch mit Hopla-Hopp-Änderungen des Schulgesetzes im Huckepack-Verfahren.

Diese Änderungen haben nichts mit der Regierungsbildung und den Zuschnitten zu tun. Bildungsminister Baaske überraschte im März 2015 damit, das umstrittene Landesschulamt wieder rückabwickeln zu wollen. Das im Zuge der Neuordnung der Landesämter zu tun, sollte wohl die Reibungswärme niedrig halten.

Wir hatten die Zentralisierung der Schulaufsicht, das Einschmelzen der Schulämter und die Auflösung des Landesinstituts für Lehrerbildung (LaLeb) immer abgelehnt. Insofern sehen wir das Zurückdrehen der Schulämterreform grundsätzlich durchaus positiv. Ärgerlich nur, dass dieser ganze Prozess die ganze Zeit auf dem Rücken der Mitarbeiter geführt wird!

Jetzt war es aber doch sehr ernüchternd zu sehen, dass mit dem Gesetzentwurf wirklich lediglich die alten Strukturen – nun allerdings mit nur vier Schulämtern! – wieder eingeführt werden und das Landesinstitut für Lehrerbildung aufgelöst und in das Ministerium eingegliedert werden soll.

All das große Geschrei um die Koordinierungsschwierigkeiten, die damals für die Auflösung der Schulämter herhalten mussten – weggeblasen wie Wüstensand. Keinerlei Unterfütterung, kein inhaltliches Konzept, keine erkennbare Stärkung der Steuerung durch das Ministerium. Die Anhörung zum Gesetzentwurf bestätigte uns einhellig und die MOZ fasste zusammen: „Reform der Reform stößt auf Ablehnung“. Der Hauptpersonalrat hat es in der Anhörung auf den Punkt gebracht: Man könne die Gründe für die schnelle erneute Umstrukturierung bis heute nicht nachvollziehen. Dieses Hin und Her vermittle den Eindruck einer Beliebigkeit.

Ja, es scheint ganz so, als ob das Bildungsministerium sich dem Zeitdruck des Innenministeriums beugen musste. Die zeitlichen Vorgaben waren extrem knapp, um eine Reform der Schulaufsicht nicht nur rein verwaltungstechnisch, sondern auch inhaltlich bewerten und weiterentwickeln zu können.

Ja, wir wollen nur eine zweistufige Schulaufsicht! Aber es bringt absolut nichts, jetzt übereilt etwas zurückzudrehen, um dann in 12 bis 18 Monaten vielleicht wieder festzustellen, dass inhaltlich verändert werden muss. Wir haben jetzt keine Eile und wollen den Mitarbeitern dieses Hin und Her nicht zumuten!

Das ist der Grund für unseren Änderungsantrag, die Reform der Schulamtsreform aus dem vorliegenden Gesetz herauszulösen. Wir brauchen eine Debatte mit allen Beteiligten, wie man Schulaufsicht neu und besser stricken kann. Zunehmend muss Schulaufsicht auch mit Blick auf Bildungsqualität beratend tätig werden, nicht zuletzt vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen wie Inklusion und Migration. Die untere Schulaufsicht muss auch in einem Flächenland wie Brandenburg zudem für Schulleiter, Lehrkräfte, aber auch für Eltern erreichbar bleiben. Dabei müssen wir auch diskutieren, welchen Personalstand wir für eine gute Schulaufsicht brauchen. Die Kürzungen müssen in diesem Bereich ein Ende haben!

Schließlich stellt die Lehrerbildung eine umfangreiche Vollzugsaufgabe dar. Derzeit müssen fast 1.000 Lehramtskandidat*innen an verschiedenen Standorten im Land Brandenburg ausgebildet werden. Diese Aufgabe kann, anders als dies der vorliegende Gesetzentwurf vorsieht, erfolgreich nur von einer eigenen Landesbehörde wahrgenommen werden. Dies entspricht auch der Verwaltungsstruktur der allermeisten deutschen Bundesländer. Zudem wird die Chance einer engeren Verzahnung mit der Lehrerfortbildung vertan. Hier wäre eine Anbindung an das LISUM denkbar.

Dass nun hier noch zusätzlich durch einen weiteren kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag der Koalition quasi als Huckepack zum Huckepack innerhalb der Behördenreform auch noch das Schulgesetz geändert werden soll, vorbei an den Beteiligten und ohne Diskussion im Landesschulbeirat, ist nur ein Nebenkriegsschauplatz. Dabei will ich aber nicht unerwähnt lassen, dass wir die meisten der dort gewollten Änderungen inhaltlich unterstützen: nämlich die Regelungen zum jahrgangsübergreifenden Unterricht, zur Beschulung von Flüchtlingen, zur Abweichung bei der Leistungsbewertung und auch die zur Schwerbehindertenvertretung. Beim Thema Schulzentren (was wir inhaltlich im Sinne der Linken auch unterstützen!) gab es allerdings zum Verfahren und den Ausformulierungen so große Kritik, dass dieser Punkt wohl herausgelöst werden muss.

Das gesamte Verfahren aber, diese übereilte Einbringung der Schulgesetzänderung als Huckepack zweiter Ordnung innerhalb dieses umfassenden Gesetzentwurfes, kann man nur ablehnen.

Mit unserem Änderungsantrag wollen wir gemeinsam mit der CDU dem Bildungsministerium Zeit geben, die bereits begonnene, aber vor dem Ende abgebrochene Aufgabenkritik und Neustrukturierung der Schulaufsicht zu Ende zu bringen, möglichst zusammen mit externen Experten. Wir fordern zudem die Wiedereinführung eines eigenen Landesinstituts für die Ausbildung der Lehramtskandidaten, das sich an das erfolgreiche und 2014 unmotiviert aufgelöste Landesinstitut für Lehrerbildung anlehnt.

Das gesamte Hauszeltgesetz lehnen wir deshalb ab.

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Reden