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14.12.16 –
Es gilt das gesprochene Wort!
[Anrede] Die Debatte über die Änderungsanträge im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur war nicht gekennzeichnet von großem Streitpotential. Erstaunlich war, dass von insgesamt 25 Änderungsanträgen 14 von den Koalitionsfraktionen kamen – also mehr als von den Oppositionsfraktionen. Erstaunlich war auch, dass mehrere Anträge sowohl von Opposition als auch Regierungsfraktionen um dieselben Themen kreisten: Studentisches Wohnen, Stärkung der Denkmalhilfe und Freie Theater. Dass die Anträge der Opposition weiter gehend waren, mehr Geld für die Bereiche forderten, versteht sich von selbst. Trotzdem haben die Anträge der Koalition großes Wohlwollen und viel Zustimmung der Ausschussmitglieder erfahren. War dann fast Künstlerpech, dass die Oppositionsanträge durchfielen. Mich als grüne Vertreterin freut natürlich insbesondere die Aufstockung der Denkmalhilfe und der Unterstützung für die Freien Theater - beides Themen, die durch unsere Anträge immer wieder in die Debatte gebracht wurden. Ihnen ist gemein, dass sie die kulturelle Identität stärken: die Denkmale verweisen mit ihrer Behäbigkeit in die Historie unseres Landes, bieten Verwurzelung und geben unseren Orten den unverwechselbaren Charakter. Die Freien Theater sind flüchtiger, gucken in die Vergangenheit oder die Zukunft, oder nach links und rechts, sind offen für Kreativität und Phantasie, bieten uns neue Zugänge zu den Fragen von heute. Und noch mehr der Einigkeit im Ausschuss: Zu drei Bereichen gab es einstimmige Annahmen, nämlich zur Arbeit der Gedenkstätten, zum Menschenrechtszentrum Cottbus und zur Erhöhung der Förderung der Kunst- und Musikschulen. Bei all den kontroversen Diskussionen, die wir hier in diesem Haus ausfechten, geht hiervon doch ein wichtiges Zeichen aus: Dass wir uns der Vergangenheit des 20. Jahrhunderts, der beiden deutschen Diktaturen mit ihren Verfolgungen, Hinrichtungen und Gräueltaten bewusst sind, dass wir die Erinnerung daran wach halten wollen, weil wir Tag für Tag sehen können, in fernen Ländern und auch vor unserer Haustür, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die Menschen Rechte haben, dass wir unsere Worte sehr frei wählen können und dass unsere Zwistigkeiten nicht mit Gewalt ausgetragen werden. Dieses Gut wollen wir uns gemeinsam erhalten. Die Einigkeit bei der besseren Förderung der Kunst- und Musikschulen, die hat sich nicht so widerspruchslos und glatt aus dem Grundverständnis der Fraktionen ergeben. Die Kunst- und Musikschulen mussten hart dafür kämpfen, in vier Volksinitiativen. Der Erfolg sei ihnen jetzt gegönnt. So, und nach so viel Konsens muss ich doch noch einen Stachel auspacken: Wir haben als BündnisGrüne beantragt, die Grundfinanzierung der Hochschulen in 2017 um 5 Millionen und in 2018 um 10 Millionen zu erhöhen. Nach dem Antrag auf Einführung einer dritten Betreuungszeitstufe für die Kitas im Gesamtumfang von knapp 60 Millionen war das mal wieder einer unserer umfangreichsten Änderungsanträge. Das wurde abgelehnt, wie erwartet, aber ich möchte doch noch ein Wort verlieren zur Argumentation der Koalition: In der Pressemitteilung der SPD vom 27.9.2016 ist zu lesen: „Auch die Ausgaben für die Hochschulen wachsen überproportional auf etwa das Anderthalbfache des Standes von 2009.“ Das ist fahrlässig verkürzt und in der Verkürzung schlichtweg falsch, denn 2009 waren das Filmmuseum, das Theodor-Fontane-Archiv und die Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken noch nicht bei den Hochschulen und die Hochschulpaktmittel, also Bundesgelder, haben 2009 gerade einmal 4 Millionen € betragen. Heute betragen die Hochschulpaktmittel 53,5 (2017) bzw. 39 Millionen (in 2018) und sind immer noch keine Landesgelder! Wenn wir die Hochschulausgaben um diese Titel bereinigen, dann waren wir 2009 bei knapp 240 Millionen und sind 2017 bei knapp 320 Millionen. D.h. in Wirklichkeit sind die Hochschulausgaben nur um ein Drittel gestiegen! Wir wollen bewusst und weiterhin die Grundfinanzierung der Hochschulen aufstocken. Also mehr Geld ohne weitere Aufgaben. In dem Zeitraum von 2009 bis heute wurden den Hochschulen diverse neue Aufgaben übertragen, z.B. der Gesundheitscampus mit zusammen gut 5,5 Millionen für 2017 und 2018, mit der Inklusionspädagogik für 3 Millionen jährlich, mit den Gesundheitswissenschaften für 3,2 Millionen jährlich und der jüdischen Theologie für 0,6 Millionen Euro jährlich. Allein für all diese Aufgaben müssten wir noch einmal mehr als 12 Millionen abziehen. Dann schmilzt das Steigerungs-Drittel weiter! Wenn wir diese zusätzlichen Aufgaben nicht getrennt ausweisen, dann geraten die Steigerungsraten zur fahrlässigen Irreführung! Der Gesundheitscampus sollte deshalb genauso gesondert ausgewiesen werden, weil wir sonst Gefahr laufen, dass die Grenze zur Grundausstattung verschwimmt und das Projekt dann eines Tages dann doch zu Lasten des Hochschuletats geht. In der Beratung des EP 06 im Finanzausschuss wurde unser Antrag auf Erhöhung des Globalhaushaltes der Hochschulen von Finanzminister Görke mit dem Argument abgebügelt, die Hochschulen bräuchten nicht mehr Geld, die hätten schon so hohe Rücklagen. Ja, die haben hohe Rücklagen. Aber das hat nichts damit zu tun, dass sie keine Erhöhung der Globalmittel bräuchten. Denn die hohen Rücklagen ergeben sich zum größten Teil aus Mitteln, die auf Grund von verzögerten Baumaßnahmen nicht ausgegeben werden konnte. Da müssten Sie, Herr Görke, eher im eigenen Haus beim BLB vorstellig werden, als bei den Hochschulen! Des Weiteren mussten die Hochschulen auf Grund der Hochschulpaktmittel Personalverpflichtungen eingehen. Dafür mussten sie Rückstellungen bilden, die aber auf Grund der Kameralistik nicht von Rücklagen unterschieden werden. Diese Verpflichtungen machen rund 80% der Rücklagen aus, die nicht durch die Baumaßnahmenverzögerung angefallen sind. Zum Schluss müssen die Hochschulen auch Liquiditätsvorsorge treffen, da sie ihre Restzuweisungen meist erst im März/April des Folgejahres kommen. Diese Lücke wird auch durch Rückstellungen geschlossen. – Sie sehen also, zu behaupten, die Behauptung, die Erhöhung der Grundfinanzierung wäre wegen der hohen Rücklagen nicht nötig, läuft vollkommen ins Leere. Und, Herr Görke, als Finanzminister sollten Sie das eigentlich wissen! (Ich habe mich geärgert über Herrn Woidkes Debattenbeitrag heute, der Koalition die Fakten und uns als Opposition die Emotionen zuzuschreiben. Es gibt durchaus Fälle wie diesen hier, da täten etwas mehr Fakten der Landesregierung auch ganz gut!) Und noch mehr Fakten: Wenn man sich die monetären Kennzahlen des statistischen Bundesamtes – wohlgemerkt ohne Medizin! – ansieht, stehen die Brandenburger Hochschulen folgendermaßen da: vorletzter Platz bei der Kennzahl der Ausstattung mit Grundmitteln der Hochschulen pro Einwohner. Bei den Fachhochschulen hat sich Brandenburg dort gar von 2011 bis 2014 um zwei Plätze verschlechtert! Das war’s aber auch schon mit den Hiobsbotschaften. Die anderen Kennzahlen der Ausstattung mit Grundmitteln pro Studierendem (Platz 7, Steigerung um 7 Plätze), pro wissenschaftlichem Mitarbeiter (Platz 10, Steigerung um 4 Plätze) und pro Professur (Platz 6, Steigerung um 8 Plätze) sehen mittlerweile viel besser aus! Dennoch liegen wir bei drei von diesen vier Indikatoren noch unterhalb des Bundesdurchschnitts! Und nochmal deutlich, auch an Adresse von Herrn Görke, der das offensichtlich immer noch nicht gelernt hat: bei diesen Kennzahlen ist die Medizin herausgerechnet! Ja, die von mir oft vorgebrachte Sinnverwandtschaft dieser rot-roten Koalition mit der roten Laterne lässt sich im Hochschulbereich nicht mehr anbringen. Das ist natürlich allein schon eine begrüßenswerte Nachricht. Aber wir haben noch viel Luft nach oben und es würde sich lohnen für unser Land! Und seien Sie gewiss, wir werden das weiter fordern! Zum Schluss noch mit dem Hut der Ausschussvorsitzenden einen herzlichen Dank an Frau Förder-Hoff vom MWFK, stellvertretend, für ihre geduldigen Erläuterungen und an alle Ausschussmitglieder für Ihre vernünftige Debattenkultur, nicht nur zum Haushaltsanlass, sondern grundsätzlich!
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