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01.03.17 –
-Es gilt das gesprochene Wort
[Anrede]
Sehr geehrte Kollegen von der AfD, eigentlich haben wir ja mittlerweile alle gelernt, dass Sie sich zwar „Alternative“ nennen, aber keine zu bieten haben. Nur platte Forderungen, bloß keine Lösungsvorschläge! Wie letztes Mal, bei der Debatte über Ihren Antrag auf Auflösung der Rundfunkstaatsverträge frage ich mich auch jetzt, was Sie denn eigentlich anders machen wollen? Staatliche Organe und öffentliche Institutionen schützen und fördern die deutsche Sprache. Das tun sie jetzt schon. Und das Bundesverwaltungsverfahrensgesetz legt Deutsch in § 23 als Amtssprache fest. Was würde anders mit Ihrem Antrag? - Träumen Sie von einer Sprachpolizei, die Bußgelder erhebt, wenn die Grünen Sprache gendern? Die die WiederholungstäterInnen (mit großem Binnen-I!) in Gewahrsam nimmt? Oder wollen Sie gar die Sorben in Brandenburg loswerden? Das verrät Ihr Antrag nicht. Ich will hier gar nicht darüber reden, dass der Antrag auch handwerklich schlecht ist: Schaffen Sie es nicht einmal, bei so einem übersichtlichen Anliegen einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen? Warum sollte denn die Landesregierung für Sie die Arbeit übernehmen? Mich als gelernte Linguistin bewegt aber natürlich vor allem: Was ist eigentlich „deutsch“ in Ihrem Sinne? Oder: Wie statisch wünschen Sie sich Sprache? Sprache hat sich immer verändert, hat sich Moden und neuen Themen angepasst, hat auf Kontakte mit anderen Kulturen reagiert. In Deutschland genauso wie überall auf der Welt. Was machen wir mit einem Satz wie: „Das Hobby meiner Tante ist Photographieren“? Hier entstammen alle Substantive fremden Sprachen: „Hobby“ aus dem Englischen, „Tante“ aus dem Französischen, „Photographieren“ ist zusammengesetzt aus griechisch „φῶς“ (Licht) und „γράφειν“ (schreiben). Wir könnten auch sagen „Das Steckenpferd meiner Muhme ist es, Lichtbilder zu machen.“ Aber muss das sein? – Und: Benützen Sie Shampoo? Das sollten Sie sich künftig gut überlegen, denn die Inder hatten uns in Sachen Hygiene etwas voraus: das Wort kommt aus dem Hindi. - Oder: „Nach dem Büro höre ich im Auto gerne Radio.“ Alles aus fremden Sprachen zusammengeklaut: Büro, Auto, Radio. Zum Glück ist wenigstens das „Fahrrad“ deutsch! Wie stehen Sie eigentlich zu deutschen Fremdwörten in anderen Sprachen? Gehört die deutsche Sprache uns? Sollten wir vielleicht bei den Brexit-Verhandlungen darauf achten, den Briten im Gegenzug zu Handelsabkommen endlich den Gebrauch von deutschen Wörten wie „kindergarten“, „German angst“, „blitzkrieg“ und „hinterland“ zu verbieten? Oder den Russen das „галстук“ („galstuk“), das „Halstuch“, wie sie heute noch die Krawatte nennen? – Das wäre doch alles ziemlich absurd. Sie beklagen Anglizismen, der Begriff taucht zweimal in Ihrem Antragstext auf. Im Zusammenhang mit Behörden- und Verwaltungstexten halte ich Ihre Kritik übrigens für völlig verfehlt: Kaum etwas ist so deutsch wie Behördentexte, und gleichzeitig gibt es doch kaum ein besseres Beispiel dafür, dass auch perfektes Deutsch sich wie eine Fremdsprache anfühlen kann! Aber warum eigentlich „Anglizismen“? Das ist doch kein deutsches Wort! Warum reden Sie nicht von „Fremdwörtern aus dem Englischen“? Wenn Ihnen so viel daran liegt, deutschsprachiger Hörer- und Leserschaft den Zugang zu erleichtern, sollten Sie selbst mit den Fremdwörten nicht so leichtfertig hantieren. Wenn Sie sich hier als die wahren Hüter deutscher Sprache und Kultur gerieren, indem Sie fordern, dass Brandenburg als einziges deutsches Bundesland die deutsche Sprache in die Verfassung aufnimmt, dann frage ich mich auch, warum Sie sich eigentlich „Alternative für Deutschland“ nennen? Der Begriff „Alternative“ wurde im 17. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt, mit unverkennbar lateinischen Wurzeln. Vielleicht haben die damaligen Zeitgenossen die Aufnahme dieses Begriffs auch als kulturgefährdend empfunden? Das Lamentieren über den Sprachverfall ist jedenfalls schon einige Jahrhunderte alt – in denen sich unsere Sprache wacker gehalten hat. Der deutsche Begriff für die „Alternative“ wäre jedenfalls „andere Möglichkeit“. Ich weiß nicht, ob sie darüber nachgedacht haben? Klänge natürlich etwas holpriger. Würde aber auch nichts daran ändern, dass Ihre Ideen für uns keine Alternative sind.
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