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31.01.19 –
- Es gilt das gesprochene Wort!
[Anrede]
Stellen Sie sich vor: Es sind Ferien und Sie können wieder nicht zusammen mit Ihrer Familie Urlaub machen, weil Sie und Ihre Partnerin Ihren Urlaub einzeln und versetzt dafür aufbrauchen müssen, Ihr Kind während der Schulferien zu betreuen. 75 Werktage sind schulfrei in Deutschland, knapp 30 Tage hat die Durchschnittsarbeitnehmerin. Klafft schon, bei zwei Elternteilen, eine Lücke von 15 Tagen, also immerhin drei Wochen!
Oder, bzw. vielleicht noch zusätzlich: Stellen Sie sich vor, Sie sind gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten, obwohl das Geld vorne und hinten nicht reicht, um Ihr Kind nach der Schule betreuen zu können, obwohl die Förderschule eigentlich eine Ganztagsschule ist. Sie ist aber nur an vier Tagen der Woche bis 15 Uhr und am Freitag gar nur bis 13:30 Uhr offen.
Stellen Sie sich vor, dass Sie es 6 Schuljahre lang für Ihr Kind geschafft haben, es mit anderen Kindern in der Regelschule inklusiv beschulen und den Hort besuchen zu lassen, nun aber im 7. Schuljahr Ihr Kind nach der Schule nur bei Ihnen zu Hause sitzen kann, weil keine anderen Betreuungsangebote vorhanden sind. Und Sie damit auch zu Hause sitzen müssen.
All diese Realitäten – und leider noch einige Fallkonstellationen mehr – belasten derzeit Eltern von Kindern mit Behinderungen sehr. Sie können es nicht verstehen, warum nach wirklich jahrelanger Debatte und Problemanalyse immer noch kein Ausweg gefunden wurde. Denn wir stellen Kinder und Jugendliche mit (Schwer-)Behinderung anderen Kindern und Jugendlichen ohne eine solche Behinderung gleich und damit benachteiligen wir sie im Ergebnis aufgrund der unterschiedlichen Bedarfe: Wie für alle Kinder endet der Rechtsanspruch auf Kindertages-betreuung nach der sechsten Schuljahrgangsstufe.
Bereits im Februar 2012 – also vor fast 7 Jahren – wurden im Landtag die ersten mündlichen Anfragen gestellt, die sich mit der Umstellung des Schulsystems hin zu einem inklusiven befassten und die Hortbetreuung thematisierten. Damals ging es zugegebener Maßen erst einmal um die Ausstattung und die Kostenfreiheit der Hortangebote für Kinder mit Behinderungen. Damals war das Problem, dass allen Kindern ab der 7. Klasse kein Betreuungsanspruch mehr gewährt wird, noch nicht aufgetreten. Für den Großteil der Kinder ist dies auch völlig in Ordnung. Sie sind alt und selbstständig genug, um auch mal eine Weile zu Hause alleine zu bleiben oder selbstständig zu Freizeitangeboten zu kommen. Kinder mit einer schweren Behinderung sind dies jedoch nicht. Sie brauchen auch weiterhin eine Betreuung, um am Leben teilzunehmen und um sich mit anderen Kindern und Jugendlichen zu treffen, Zeit zu verbringen. Vor allem brauchen die Familien jedoch eine gemeinsame Urlaubszeit. Es kann nicht sein, dass die eigentlich zur Erholung von der Arbeit gedachte Zeit dafür aufgebraucht werden muss, einzeln die Betreuung sicherzustellen, die durch die Schulferien entsteht.
Es hat ganze 11 Initiativen (kleine und mündliche Anfragen oder Berichte) in der letzten Legislaturperiode zu dieser Thematik gegeben. Bis dann zum Schluss wenigsten die Teilnahme am Hort für die 1. bis 6.-KlässlerInnen teilweise und etwas unbefriedigend für alle Seiten gelöst schien. Herr Baaske kann ein Lied davon singen, wie schwer die Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden zur Hortproblematik waren. Und selbst die gefundene Lösung konnte erst durch eine Klarstellung im Kitagesetz komplettiert werden. Auch in dieser Legislaturperiode wurde die Thematik mehrmals aufgegriffen. Es gab gar eine Anhörung und einen Antrag dazu. Und die Landesregierung wollte die Problematik lösen, hat es aber nicht getan.
Um dies jetzt nicht wieder in der Diskontinuität versickern zu lassen, haben wir als Oppositionsfraktionen den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf geschrieben. Wir wollen zwei Gesetze ändern: Das Kitagesetz und das Schulgesetz.
Das Kitagesetz, um den Rechtsanspruch für Kinder und Jugendliche einzuführen, wenn sie eine anerkannte Schwerbehinderung haben oder wenn die Behinderung einen besonderen Betreuungsbedarf erforderlich macht. Und zwar altersunabhängig.
Das Schulgesetz, um Kinder und Jugendliche mit Behinderung auch von der Schule in den Hort und von da nach Hause fahren zu können. Dies wird nötig, da zu den Betreuungsangeboten nach dem Kitagesetz kein Transport vorgesehen ist.
Uns und auch den Betroffenen ist es egal, wo der Anspruch geregelt wird und welches Ministerium dafür verantwortlich ist. Es hätte ja die Chance gegeben, das im Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zu regeln. Diese Chance aber hat die Koalition vertan.
Etwaige Lösungen über die Eingliederungshilfen sind nicht praktikabel, da diese ab dem 01.01.2020 in das SGB IX überführt werden. Auch sind wir gegen Lösungen, die die Familien zwingen, immer wieder den Bedarf nachzuweisen. Deshalb der generelle Rechtsanspruch.
Wir erkennen an, dass im Zuge der Haushaltsverhandlungen von den Koalitionsfraktionen Geld für die Ferienbetreuung eingestellt wurde.
Auch ist uns klar, dass eine wirklich inklusive Hortlandschaft in Brandenburg (noch) nicht existiert. Auch das ist eher ein Argument für den Rechtsanspruch und gegen die Eingliederungshilfen. Wenn der Bedarf da ist und der Rechtsanspruch, werden sich die Träger auf den Weg machen und Angebote unterbreiten.
Wichtig ist aber vor allem, anzuerkennen, dass hier ein Problem über Jahre verschleppt wurde. Über Jahre haben wir darüber geredet, Rot-Rot hat sich immer wieder willig gezeigt, aber letztlich doch nichts unternommen. Wir haben den hier zugrunde liegenden Antrag im Juni letzten Jahres eingebracht, DAMIT SICH ETWAS BEWEGT, aber Rot-Rot zaudert und hadert und handelt nicht. Und tut das auch jetzt nicht, denn der Entschließungsantrag, den Sie jetzt vorlegen, ist ja nur wieder ein peinliches Dokument des Zauderns und Zögerns: Sie wollen wieder nur zählen und erheben und berichten, aber nichts tun. Sie, als die vermeintlichen Parteien der sozialen Gerechtigkeit! Ich finde, das sollte Ihnen langsam peinlich sein!
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