Marie Luise von Halem spricht zu unserem gemeinsamen Antrag mit den Fraktionen SPD, CDU und DIE LINKE „Allgemeines Qualitätsmonitoring für die frühkindliche Bildung einführen“

- Es gilt das gesprochene Wort! [Anrede] Fast könnte man ja sagen: Was lange währt, wird endlich gut. Denn was wir Ihnen hier vorlegen, ist der neue Aufguss eines bündnisgrünen Antrages aus der letzten Legislaturperiode. Damals abgelehnt, findet er jetzt breite Unterstützung. Super! Die erste und bislang einzige große Erhebung über die Qualität von Kindertagesstätten, die 2012 veröffentlichte NUBBEK-Studie, hat uns gelehrt, dass 80% der Betreuungseinrichtungen bundesweit nur mittlere pädagogische Qualität besitzen, weniger als 10% gute oder sehr gute und mehr als 10% schlechte.

14.12.17 –

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

Fast könnte man ja sagen: Was lange währt, wird endlich gut. Denn was wir Ihnen hier vorlegen, ist der neue Aufguss eines bündnisgrünen Antrages aus der letzten Legislaturperiode. Damals abgelehnt, findet er jetzt breite Unterstützung. Super!

Die erste und bislang einzige große Erhebung über die Qualität von Kindertagesstätten, die 2012 veröffentlichte NUBBEK-Studie, hat uns gelehrt, dass 80% der Betreuungseinrichtungen bundesweit nur mittlere pädagogische Qualität besitzen, weniger als 10% gute oder sehr gute und mehr als 10% schlechte.

Was ist denn eigentlich pädagogische Qualität? Natürlich nicht die Gruppen- und Raumgröße und die Auswahl der Turngeräte im Garten. Die fällt unter Strukturqualität. Die Qualität pädagogischer Prozesse lässt sich an den Haltungen des Personals ablesen und dem Umgang mit den Kindern. [Beispiel: Tietze, Bild mit Hund.]

Der Anteil von Kitas mit schlechter, mittlerer, guter und sehr guter pädagogischer Qualität ist in Brandenburg vergleichbar mit dem Bundesdurchschnitt. Wo wir genau stehen, wissen wir nicht.

Aber wir wissen, dass trotz der im Bundesvergleich deutlich größeren Kindergruppen sich die Qualität der pädagogischen Prozesse nicht signifikant von denen auf Bundesebene unterscheidet. Stärken hat Brandenburg bei den sprachbezogenen Merkmalen (allerdings kaum erstaunlich angesichts der wenigen Kinder mit Migrationshintergrund), bei der Kita-Konzeption und bei der Zusammenarbeit mit den Eltern. Schwächen gibt es bei Platz und Ausstattung, bei Sicherheit und bei der Förderung von Toleranz und der Akzeptanz von Verschiedenartigkeit und Individualität.

Auch beim kindlichen Bildungs- und Entwicklungsstand gibt es kaum signifikante Unterschiede zwischen den Bundes- und den Brandenburger Ergebnissen. Wo überhaupt, da schneiden die Brandenburger Kinder sogar eher besser ab.

Diese relativ guten Ergebnisse vor dem Hintergrund der vergleichsweise schwachen strukturellen Voraussetzungen haben die Wissenschaftler*innen erstaunt. Wie löst sich die Frage? Nur dadurch, dass wir offensichtlich enormes Engagement und große Kompetenz bei den Erzieherinnen haben! Herzlichen Dank an Alle dafür!

Allerdings – ich habe es eingangs erwähnt – bedeutet das auch für Brandenburg, dass insgesamt nur etwa 10% der Einrichtungen gute bis sehr gute Qualität aufweisen!

Also, was wollen wir? – Ein Qualitätsmanagement, das nicht nur Monitoring ist, sondern gleichermaßen Qualitätssicherung und –entwicklung in den Blick nimmt. Vom Wiegen wird die Sau ja bekanntlich nicht fetter und die Kita auch nicht. D.h. wir brauchen neben dem Monitoring auch Praxisberatung und Träger-, Leitungs- und Fachkräftequalifizierungen. Die bisherigen Qualitätsbemühungen aller Ebenen und Akteure sollen berücksichtigt werden und ihre Anschlussfähigkeit muss sicher gestellt werden.  Dazu gehört auch, dass die IQS (Integrierte Qualitätsskala) eingesetzt wird, als das Festellungsverfahren, das an die Brandenburger Grundsätze elementarer Bildung angepasst ist.

Das Land Brandenburg gibt jedes Jahr viel für Kinderbetreuung aus, dieses Jahr 371 Mio. € – ohne sich bislang darüber Gedanken zu machen, wie gut das Angebot eigentlich wirklich ist oder wie leicht es sich vielleicht verbessern ließe?

Dabei sollten wir im Blick haben, dass jeder Euro, der für frühkindliche Bildung richtig eingesetzt wird, bildungspolitisch doppelt so viel Wert hat wie der für die Schulzeit eingesetzte Euro. Und für die Schulen haben wir ein Visitationssystem, für die Kita nichts Vergleichbares!

Eingangs habe ich erwähnt, man könnte fast sagen: „Was lange währt, wird endlich gut“. Warum nur fast?

Erster und wichtigster Grund: Wir haben 1.856 Kitas in Brandenburg. Bei einer Monitoringquote von 150 Einrichtungen im Jahr bräuchten wir gut zwölf Jahre, damit alle Kitas einmal beleuchtet werden. Zudem wäre es für eine Bestätigung der Weiterentwicklung sinnvoll, einen Konsultationszyklus von etwa 4 Jahren anzusetzen. Da wird schnell deutlich: Mit nur 150 Kitas im Jahr wird das kaum jemals ein brauchbares Instrument!

Zweitens: Die Erfahrung mit den Schulvisitationen lehrt uns, wie wichtig die Nachsorge ist. Wo Verbesserungsbedarfe festgestellt werden, muss es schnelle und unkomplizierte Unterstützung geben. Ob die tatsächlich ausreicht, darf in Frage gestellt werden.

Drittens: Wie erreichen wir, dass der Anreiz für eine Teilnahme groß genug ist? – Ich finde es richtig, auf Freiwilligkeit zu setzen. Die Teilnahme am Monitoring sollte für die Kitas ein Gewinn sein. Ich bin auch gegen Gütesiegel, um keine Verlierer zu produzieren. Vielleicht erfinden wir statt dessen ein Teilnahmesiegel, mit dem zum Ausdruck kommt, dass die Kita in den Prozess einsteigt?

Viertens: Neben dem Land, das viel Geld in Betreuung investiert, haben vor allem die Eltern ein Recht auf eine Information. Stellen Sie sich vor, Sie sind mit kleinen Kindern neu an einem Ort – wollen Sie sich auf den guten Ruf einer Einrichtung verlassen oder hätten Sie’s gerne genauer? Es geht schließlich um Ihre Kinder! In irgend einer Form muss es deshalb eine Veröffentlichung des Monitorings geben, genauso wie auch die Schulvisitationsberichte veröffentlicht werden.

Fünftens: Adressat des Instrumentenkoffers sind erstmal die Einrichtungen. Aber für deren Entwicklung ist der Träger entscheidend. Wer achtet eigentlich auf die Trägerqualität? Schließlich sind es die Träger, denen die alleinige Verantwortung der und Steuerung zur Qualitätsentwicklung obliegt.

Sechstens: Laut Antrag beginnt das Monitoring im Sommer 2019. Ich hätte mir das früher gewünscht! Meines Wissens sind die Vorarbeiten so weit gediehen, dass wir auch im Sommer 2018 beginnen könnten. 

Das waren erstmal sechs von noch vielen weiteren offenen Fragen. Manche könnten jetzt schon klarer beantwortet werden, andere vielleicht erst nach gewisser Anlaufzeit. Aber sei’s drum, Hauptsache, wir legen jetzt los, auch wenn das Projekt trotz langen Währens noch nicht wirklich gut ist.

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Reden