Marie Luise von Halem spricht zu unserem Antrag „Konsequenzen aus der Haasenburg: Kinderschutz gewährleisten“ und der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

- Es gilt das gesprochene Wort! [Anrede] Wahrscheinlich bin ich nicht die Einzige hier im Raum, der es bis heute kalt den Rücken hinunter läuft bei der Erinnerung an die Misshandlungen in den Heimen der Haasenburg GmbH, einer Jugendhilfeeinrichtung, die vor drei Jahren publik wurden. Und nicht die Einzige, die es heute noch nicht fassen kann, dass die Aufsichtsbehörden nichts gemerkt haben wollten, und alles nur aufflog, weil zwei findige Journalisten der taz sich ans Werk gemacht hatten.

28.04.16 –

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

Wahrscheinlich bin ich nicht die Einzige hier im Raum, der es bis heute kalt den Rücken hinunter läuft bei der Erinnerung an die Misshandlungen in den Heimen der Haasenburg GmbH, einer Jugendhilfeeinrichtung, die vor drei Jahren publik wurden. Und nicht die Einzige, die es heute noch nicht fassen kann, dass die Aufsichtsbehörden nichts gemerkt haben wollten, und alles nur aufflog, weil zwei findige Journalisten der taz sich ans Werk gemacht hatten.

Strukturen zu schaffen, die solche Ereignisse verhindern, ist ein schwieriges Geschäft. Auch deshalb, weil es so viele formal Zuständige gibt – was im konkreten Fall dazu geführt hatte, dass dann niemand verantwortlich war. – Dabei kann die Vielzahl der Zuständigen auch eine Chance sein, wenn nur alle – aus ihrer Fürsorgepflicht um das Wohl der Kinder – sich gegenseitig unterstützen und Verantwortung übernehmen würden. Weil uns die Aufarbeitung dieser Ereignisse zu sehr in der unsinnigen Vereinleibung des Landesjugendamtes durch das Bildungsministerium versickerte, haben wir vor genau einem Jahr, am 30. April 2015, den Antrag eingebracht, der heute wieder zurück ins Plenum kommt. Obwohl wir lange gebraucht haben, ist immer noch nicht alles gut. Immerhin legen wir Ihnen hier eine gemeinsame Beschlussempfehlung von vier Fraktionen vor, die abgesehen von einem Gesamtkonzept eigentlich alles enthält, was wir vor einem Jahr gefordert haben. Sie würdigt u.a., dass die Landesregierung die Heimaufsicht aufgestockt hat und mit Fortbildungen und weiteren Maßnahmen sich künftig hoffentlich besser um die Qualität dieser Einrichtungen kümmert. Vieles liegt auch in der Hand der Träger: die Hilfeplankonferenzen, das Beschwerdemanagement, die Personalführung, die Einhaltung der fachlichen bzw. qualitativen Standards, die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, mit Psychatrie und Gerichten. Das für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium wird jetzt aufgefordert, „auf die Abstellung von Mängeln intensiver hinzuarbeiten.“ – Auf die Zahnlosigkeit dieses Satzes brauche ich nicht weiter hinzuweisen. – Trotzdem: Die Tatsache, dass das Ministerium in der Vergangenheit hier seiner Fürsorge- und Aufsichtspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist, ist mitnichten ein Argument für die Verlagerung der Aufsicht über die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe auf die Kommunen (wie es auch der neue Entwurf der Koalition zur Funktionalreform zumindest nicht ausschließt!) – Im Gegenteil: Aufsicht und Kostenträgerschaft auf der gleichen Verwaltungsebene macht das System noch anfälliger!

Bleibt noch zu erwähnen, dass wir die bundesweite Initiative von Brandenburg und NRW begrüßen, die gesetzlichen Regelungen für die Betriebserlaubnisverfahren im SGB VIII endlich zu verbessern. Wenn das umgesetzt ist, haben auch wir in Brandenburg nochmal neue Perspektiven.

Zum Schluss möchte ich nochmal aufgreifen, was Prof. Schrapper auf einer der Tagungen zum Thema gesagt hat: „Nur wer von klein auf lernt, dass er mit Zähnen und Klauen alles verteidigen muss, was er hat, oder erkämpfen, was er braucht, wird Strategien entwickeln, die dann im Kindergarten- oder Schulalter von anderen als anstrengend empfunden werden. Diese Selbstbilder von Kindern müssen verstanden werden.“ Und das hieße auch, dass wir fragen müssten: Wer macht eigentlich Schwierigkeiten? Die Kinder der Einrichtung oder umgekehrt? –

Natürlich können weder Landtag noch Landesregierung alles ausschließen, was normale Kinder zu schwierigen Fällen macht. Aber Vieles von dem, was wir in anderen Kontexten diskutieren: Qualität von Kindertagseinrichtungen, Betreuungsschlüssel, Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen usw., hat damit zu tun, Kindern die Sicherheit und das Vertrauen zu geben, die sie für ihre Entwicklung brauchen. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren, bis wir das nächste Mal über Einrichtungen wie die der Haasenburg GmbH im Parlament diskutieren!

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Reden