Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Sechstes Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes“

- Es gilt das gesprochene Wort! [Anrede] „Bei der Betreuungs- bzw. Versorgungsquote fahren wir einen Mercedes, beim Betreuungsverhältnis einen Trabant“ – so wird in der Auswertung der Regionalkonferenzen eine Kita-Leiterin zitiert. (Was stört an dem Vergleich: Der Trabant hält so lange!) Peer Straube findet angesichts der Potsdamer Ergebnisse der KitaZoom-Studie von Bertelsmann in der PNN noch deutlichere Worte: „Wenn eine Erzieherin in der Realität nicht für höchstens sechs, sondern 17 oder mehr Kinder zuständig ist, bleibt die pädagogische Arbeit auf der Strecke. Da geht es dann nur noch ums reine Aufpassen, eine kindliche Frühförderung findet nicht mehr statt.“ (PNN, 1.7.2015)

08.07.15 –

 

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

„Bei der Betreuungs- bzw. Versorgungsquote fahren wir einen Mercedes, beim Betreuungsverhältnis einen Trabant“ – so wird in der Auswertung der Regionalkonferenzen eine Kita-Leiterin zitiert. (Was stört an dem Vergleich: Der Trabant hält so lange!) Peer Straube findet angesichts der Potsdamer Ergebnisse der KitaZoom-Studie von Bertelsmann in der PNN noch deutlichere Worte: „Wenn eine Erzieherin in der Realität nicht für höchstens sechs, sondern 17 oder mehr Kinder zuständig ist, bleibt die pädagogische Arbeit auf der Strecke. Da geht es dann nur noch ums reine Aufpassen, eine kindliche Frühförderung findet nicht mehr statt.“ (PNN, 1.7.2015)

Heute beschließen wir die schrittweite Verbesserung des Betreuungsschlüssels für Kinder im Krippenalter von 1:6 auf 1:5. Zwei kleine Tippelschritte und eine nur theoretische Zahl. Die Realität ist davon weit entfernt: Die aktuellen Bertelsmann-Zahlen belegen in den untersuchten Kreisen bzw. Städten Potsdam, Brandenburg und Märkisch-Oderland eine tatsächliche Zahl von Kindern pro Krippengruppe im Mittel zwischen 8 und 12. Da hat die PNN schon recht: Das sind Ressourcen für’s Aufpassen, nicht für frühkindliche Förderung! Und daran wird die heutige Novelle nicht viel ändern.

Deshalb haben wir in der letzten Legislaturperiode sechsmal und auch in dieser Legislaturperiode wieder beantragt, den Betreuungsschlüssel schneller zu verbessern und eine Perpektive für mehr Qualität zu entwickeln. Weil diese Jahre so wichtig sind für die Zukunft der Kinder!

Und es geht heute noch um mehr als den Betreuungsschlüssel: Wir legen den örtlichen Trägern der Jugendhilfe auch die Einrichtung von Elternbeiräten nahe und schaffen einen Landeselternbeirat. Endlich eine Landesebene der Eltern von Kita-Kindern zu haben ist ein großer Gewinn und auch ein Verdienst der Elterninitiative für eine beitragsfreie Kita! Wir begrüßen auch, dass in diesem Zusammenhang unsere Anregung aufgegriffen wurde, dass die oberste Jugendbehörde ein internetbasiertes Fachforum einrichtet.

Dass selbst diese weiche ‚Kann-Regelung’ für die Einrichtung der Elternbeiräte vom Landkreistag mit der Bemerkung abgelehnt wird, er sei nach Kita-Gesetz nur für die Kinder zuständig und nicht für die Eltern, ist mir gänzlich unverständlich. Selbst wenn es dem Landkreistag wirklich nur um’s Geld geht, ohne Interesse an der Sache, darf doch angemerkt werden, dass Beteiligungsgremien oft mehr Geld sparen, als sie kosten!

Und noch ein Punkt: Zum gesunden Großwerden gehört auch ein gesundes Essen! Spätestens seit dem Sodexo-Skandal vor zwei Jahren weiß auch der letzte schlafende Hund, dass das Essen, das in Kita und Schulen angeboten wird, in aller Regel nicht das gesündeste ist! Tiefgefrorene Erdbeeren aus China, zu viel Fleisch, zu wenig Gemüse, viel zu lange warm gehalten, zu wenig Frischobst, und so weiter. Wie man es besser machen kann, zeigt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Deren Standards hätten wir gerne in das Gesetz aufgenommen!

Dass die Koalitionsfraktionen aus Angst vor der Konnexitätskeule ablehnen, war zu erwarten gewesen. Erschreckend nur, wie schnell das ging. Dass uns allseits Wohlwollen für diesen Vorschlag attestiert wurde, ist nur ein schwacher Trost.

Erfreulich ist aber, dass das Thema in die landesweite Arbeitsgruppe der Liga der freien Wohlfahrtspflege Eingang finden soll, die eine Empfehlung für Qualitäts- und Betreuungsstandards entwickelt. Im Rahmen eines landesweiten Qualitätsmonitorings muss auch dieses Thema debattiert werden. Denn – auch wenn ich als Bündnisgrüne eigentlich nicht die richtige Person für Auto-Metaphern bin: Den Mercedes haben unsere Kinder allemal verdient!

Unser Kritik ist also nicht aus dem Weg geräumt und dieses neue Gesetz weit davon entfernt, zufrieden stellend zu sein. Wir stimmen natürlich trotzdem zu.

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Reden