Marie Luise von Halem spricht zur Großen Anfrage 22 der AfD-Fraktion „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk“

- Es gilt das gesprochene Wort! [Anrede] Manche von Ihnen kennen vielleicht das berühmte „Handbuch des nutzlosen Wissens“? Da kann man z. B. lesen, dass Eskimos Kühlschränke benützen, um ihre Lebensmittel vor dem Erfrieren zu schützen, dass es in den USA mehr Psychoanalytiker gibt als Briefträger, oder dass Männer häufiger aus dem Bett fallen als Frauen, oder dass Krokodile farbenblind sind, und so weiter. Alles Dinge, die der soliden Grundbildung nicht unbedingt zuzurechnen sind. Wozu brauche ich sie? Vielleicht hilft es mir, von der Farbenblindheit zu wissen, wenn ich der Frage auf der Spur bin, warum Krokodile pro Jahr mehr als 2.000 Menschen auffressen? Wenn ich eine Werbekampagne für ein Fitnessstudio plane, kann ich vielleicht mit der Information spielen, dass eine Raupe dreimal soviel Muskeln hat wie ein Mensch?

29.06.17 –

- Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede]

Manche von Ihnen kennen vielleicht das berühmte „Handbuch des nutzlosen Wissens“? Da kann man z. B. lesen, dass Eskimos Kühlschränke benützen, um ihre Lebensmittel vor dem Erfrieren zu schützen, dass es in den USA mehr Psychoanalytiker gibt als Briefträger, oder dass Männer häufiger aus dem Bett fallen als Frauen, oder dass Krokodile farbenblind sind, und so weiter. Alles Dinge, die der soliden Grundbildung nicht unbedingt zuzurechnen sind. Wozu brauche ich sie? Vielleicht hilft es mir, von der Farbenblindheit zu wissen, wenn ich der Frage auf der Spur bin, warum Krokodile pro Jahr mehr als 2.000 Menschen auffressen? Wenn ich eine Werbekampagne für ein Fitnessstudio plane, kann ich vielleicht mit der Information spielen, dass eine Raupe dreimal soviel Muskeln hat wie ein Mensch?

Wenn ich der Einzelinformation einen inhaltlichen Rahmen geben kann, wenn ich sie als Puzzlestein für die Beantwortung einer größeren Frage verwenden kann, dann kann sie Gold wert sein. Allein für sich stehend, schwindet ihr Wert.

Also wozu brauchen wir all die Informationen, die sich die AfD hier auf Kosten der Steuerzahler von der Landesregierung zusammen sammeln lässt? Viele dieser Fragen beziehen sich auf medienpolitisches Grundwissen und wären leicht selbst recherchierbar gewesen – für andere ist die Landesregierung gar nicht zuständig. Wieder andere stellen Behauptungen ohne jeden Beleg auf, wie z. B. die nach den Ergebnissen der Marktforschung, nach denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor allem von älteren, gebildeten Nutzern und vornehmlich in Westdeutschland konsumiert würde. Antwort der Landesregierung: diese Marktforschungsergebnisse seien ihr nicht bekannt (Frage 75). Andere sind völlig absurd, z. B. wie sich die Landesregierung erklärt, dass im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zunehmend von „staatlich gesteuerter Propaganda“ geredet würde (Frage 119). Das weiß die AfD wahrscheinlich selbst am besten.

Ein Sammelsurium von 525 Fragen – aber wie beim Krokodil und der muskulösen Raupe fehlt die übergeordnete Fragestellung, der politische Zweck der Übung. (An dieser Stelle: Dank an die fleißigen Ministerialen, die ja sehr unterschiedlich erfreut sind über diese Fleißaufgaben, die wir ihnen oft stellen!)
Natürlich ist es reizvoll, in dieser Große Anfrage die Kontaktpunkte zu suchen zu den medienpolitischen Absurditäten, die uns die AfD schon beschert hat, wie z. B. der Forderung nach Kündigung der Rundfunkstaatsverträge, nach Abschaffung des Rundfunkbeitrages oder ähnlichem. Aber was stützt hier die bislang bekannten Forderungen der AfD?

Die Antwort auf die ungefähr ähnlich große Anfrage der AfD in Sachsen ist bislang weder im Parlament diskutiert worden, noch haben Sie dort die Ergebnisse irgendwie sichtbar verwertet. Also ein „Handbuch nutzloser Fragen“?

Nein, ganz nutzlos ist das alles nicht: Der Twitter Hashtag #afdfragen amüsiert die Netzgemeinde: „Was ist aus den Restbeständen von Gummibärchen aus „Wetten, dass“ geworden?“ „Zahlen wir für den Fernsehgarten auch im Winter Gebühren?“ „Warum wird in ‚Heute’ das Wetter von morgen ausgestrahlt?“ „Sendet die deutsche Welle auch bei Ebbe?“ – Vielleicht wollen Sie ja doch noch ein paar Nachfragen stellen?

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Reden