02.1.2018 Kleine Anfrage: Adäquate Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit Schwerpunkt „Sprache“

Vorbemerkung: Im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit, Frauen und Familie wurde 2017 ein Bericht zur Entwicklung der Gesundheit von Schülern und Schülerinnen in Brandenburg veröffentlicht. Danach sind die Sprach - und Sprechstörungen mit 22 % die häufigste Entwicklungsbeeinträchtigung bei Einschulkindern des Jahrgangs 2015/16. Jungen sind zu 25 %, Mädchen zu 18,6 % betroffen. 1.124 Kinder (4,7 %) haben chronische Sprach- und Sprechstörungen mit Beeinträchtigungen der sprachlichen Kommunikation. Eine Analyse der logopädischen Behandlung zeigt, dass Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus 3,3 mal häufiger Sprach- und Sprechstörungen hatten als Kinder aus Familien mit hohem Sozi alstatus (43,9 % vs. 13,2 %). Dagegen waren Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus wesentlich häufiger ärztlich verordnet in logopädischer Behandlung als Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus (62,8 % vs. 54, 5%). Der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung zu Schulbeginn lag bei Familien mit niedrigem Sozialstatus dreimal höher (9,8 %) als bei Familien mit mittlerem und hohem Sozialstatus (3,3 % und 1,6 %). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die größte Gruppe mit schulrelevanten Entwicklungsstörungen und chronischen Erkrankungen Kinder mit Sprach - und Sprechstörungen umfasst, die verstärkt aus Familien mit niedrigem Sozialstatus kamen und dabei weniger therapeutische Hilfen hatten. Studien belegen für diese Gruppe zudem erhebliche Folgerisik en, die einen entscheidenden Einfluss auf den Bildungserfolg und die Ausbildung im weiteren Lebensverlauf haben können (z. B. Lambert u. a., 2010). In dem Bericht wird zudem aufgezeigt, dass die Entwicklung von Kindern von den Versorgungsangeboten und -zugangsmöglichkeiten auch in Schulen wesentlich beeinflusst wird. Für den hohen Anteil an Kindern mit chronischen Sprach- und Sprechstörungen ist es entscheidend, vom Schulbeginn an eine sprachheilimmanente Förderung anzubieten. Im Konzept „Gemeinsames Lernen in der Schule“ des MBJS (Drucksache 6/5781, S. 43 ff.), dem Brandenburgischen Schulgesetz (§ 30 Abs. 2) und der Sonderpädagogikverordnung (SopV § 1 Abs. 5) wird dem theoretisch Rechnung getragen, wenn diese sehr große Gruppe der Schülerinnen und Schüler a uch in allgemeinen Schu len angemessen gefördert würde. Diese Förderung kann im gemeinsamen Unterricht oder in Förderklassen erfolgen. Im Land Brandenburg gab es 2015 21 Förderklassen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Sprache“, i.d.R. in den Jahrgangsstufen 1 und 2 (Konzept „Gemeinsames Lernen in der Schule“, S. 48). D.h., bei einer Kapazität von 10 Schülerinnen und Schülern pro Förderklasse können bei einer Aufnahme in Klasse 1 jährlich etwa einhundert Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sprache, die nicht im gemeinsamen Unterricht gefördert werden können, adäquat sprachheilimmanent beschult werden. Demgegenüber stehen zum Beginn des Schuljahres 2015/16 1.124 Kinder (4,7 %) mit chronischen Sprach -und Sprechstörungen mit Beeinträchtigungen der sprachlichen Kommunikation. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass zwischen dem derzeit vorgehaltenen Angebot zur Förderung der Schülerinnen und Schüler in Förderklassen und dem Bedarf eine große Diskrepanz besteht. Deshalb frage ich die Landesregierung:

1. Welche Organisationsformen werden in den einzelnen Landkreisen vorgehalten, um dem in der Untersuchung genannten Förderbedarf bei Kindern im Bereich „Sprache“ Rechnung zu tragen?

2. Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf i m Förderschwerpunkt „Sprache“ gibt es in den einzelnen Landkreisen jeweils in a) Sprachförderklassen b) im gemeinsamen Unterricht?

3. Wie viele Sprachförderklassen gibt es landesweit? Wie ist deren Perspektive im Zusammenhang mit der landesweiten Konzeption „ Schule für Gemeinsames Lernen“?

4. Wie wird landesweit, sowohl in Förderklassen als auch im gemeinsamen Unterricht, die fachlich qualifizierte Förderung aller Kinder mit Förderschwerpunkt „Sprache“ durch den Einsatz von Sonderpädagog*innen mit der universitär en Ausbildung im Bereich der sonderpädagogischen Ausbildung im Bereich Sprache/Sprachliche En t- wicklung gesichert?

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