Marie Luise von Halem spricht zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Brandenburger Schulsystem demografiefest machen – Anreize für die Gründung von Schulzentren schaffen“

22.01.15 –

– Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Mit der Einrichtung der Demografiekommission zur Zukunft der Grundschulen in der letzten Legislaturperiode hat die Landesregierung einen richtig klugen Schritt getan: sie hat Vertreter_innen der Schulträger, der Eltern, der Lehrer_innen, Gewerkschaften, IHK, der Politik, der Verwaltung und der Wissenschaft über einen Zeitraum von einem Jahr über die Zukunft der Grundschulversorgung im ländlichen Raum beraten lassen. Angesichts eines zu erwartenden Schülerrückgangs in der Grundschule von bis zu 65 % in manchen ländlichen Regionen (gerechnet über die Zeitspanne von 2011 bis 2030) eine große Herausforderung – und die richtige Entscheidung.

Die Landesregierung hat hier nicht – wie z.B. bei dem Projekt Inklusion – den Beteiligten ein Ziel vor die Füße gespuckt, ohne ihnen den Bauplan dazu zu verraten und ohne ihnen das Baumaterial zur Verfügung zu stellen, sondern sie hat alle wichtigen Akteure zusammen gerufen, um sie gemeinsam einen Bauplan entwerfen zu lassen. Im November 2013 wurde er veröffentlicht, mit der zentralen Empfehlung, zeitnah Filialbildungen von Grundschulen für die Klassenstufen 1-4 generell umzusetzen. Hiermit liegt ein Vorschlag vor, der – wenn er sinnvoll eingefädelt wird – auf relativ große Zustimmung hoffen kann.

Nur wissen wir natürlich, dass solche Veränderungsprozesse nicht von selbst zu einem Erfolg werden. Es braucht dazu Koordination einer übergeordneten Ebene, sensible Beratung und zumindest punktuelle Anreize.

Der Koalitionsvertrag sagt nur, die Regierung wolle kleine Grundschulstandorte mit flexiblen Modellen erhalten und sich dabei an den Empfehlungen der Demografiekommission orientieren. Das ist noch keine Umsetzungsstrategie. Wenn wir die Chance nutzen wollen, diesen gemeinsam erarbeiteten Bauplan umzusetzen, dann sollten wir uns jetzt, ein gutes Jahr nach Verabschiedung der Empfehlungen, allmählich Gedanken machen, wie die Ziegel aussehen und woher der Mörtel kommt.

Das ist die erste Forderung unseres Antrages: bis zum 3. Quartal 2015 Anreize und Unterstützungsangebote für die Umsetzung der Empfehlungen der Demografiekommission zu schaffen.

Zweitens: So sicher wie das Amen in der Kirche wird der Schülerrückgang in der Grundschule ein paar Jahre später die weiterführenden Schulen betreffen. Und um sich auszumalen, wie groß dann die Kontroverse wird, braucht man im Leben kein einziges Mal im Bildungsausschuss gesessen zu haben. Dann geht es an’s Eingemachte: an die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Schulformen, die wir so, wie wir das kennen, nicht überall werden aufrecht erhalten können. Um diese Veränderungen gut vorzubereiten, ist eine weitere Demografiekommission, nennen wir sie Demografiekommission II, noch viel nötiger, als das bei den Grundschulen der Fall war, weil die Verteilungsdebatten wesentlich härter werden. Und wir täten gut daran, uns des im Lande vorhandenen sowie des externen Sachverstands zu bedienen und all diejenigen rechtzeitig einzubinden, die wir später auch zur Umsetzung brauchen.

Die Einrichtung einer solchen Demografiekommission II ist übrigens auch eine dringende Empfehlung der ersten Kommission.

Und – kleiner Exkurs – die Vertretung der Lehrkräfte hat als ergänzendes Votum aufnehmen lassen, auf regionaler Ebene eine Schulstruktur zu ermöglichen, die gemeinsames Lernen in den Jahrgangsstufen 1-13 realisiert!

Nach der Einrichtung der Demografiekommission II komme ich zur dritten Forderung unseres Antrages: Laut Koalitionsvertrag will die Landesregierung ermöglichen, dass sich Grundschulen mit Oberschulen, bzw. Gesamtschulen und ggf. auch Gymnasien zu Schulzentren zusammenschließen. Das ist auch aufgrund der demografischen Entwicklung ein sinnvolles Modell und  – theoretisch auch längst möglich! Dass es solche Schulzentren aber nur vereinzelt gibt, zeigt auch deutlich, dass eine Ermöglichung alleine noch keine reife Frucht vom Baum fallen lässt. Auch hier braucht es Anreize und Unterstützungsmöglichkeiten, Beratung und strategisches Herangehen.

Wenn wir unser Schulsystem demografiefest machen und dabei die betroffenen Menschen mitnehmen wollen, dann tun wir gut daran, sie an den Planungstisch dazu zu holen. Hauruck-Aktionen wie die Auflösung der Schulämter, die keiner je verstanden hat und die nur Ärger hervor gerufen hat, oder wie die misslungene Inklusionsplanung, die so viele fassungslos gemacht hat, sollten der Vergangenheit angehören. Wir brauchen nicht noch mehr Bauruinen im Bildungswesen, sondern wir brauchen die Menschen und wir haben jetzt die Zeit dazu, mit ihnen gemeinsam zu planen. Nehmen wir sie mit und nutzen wir die Chance!

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Bildung | Reden