Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zum Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit in Kitas“

Wie schön, dass wir wieder mal über Kitas reden, wenn auch mit einem neuen Fokus. Die meisten von uns werden sich noch an die Zeit erinnern können, als man (und frau) gemeinhin dachte, Betreuung von kleinen Kindern sei das Sortieren von Bauklötzchen und das Putzen von Rotznasen. Mittlerweile wissen wir genau, dass diese ersten sechs Jahre weitaus wichtiger für die Entwicklung sind als jede weiteren sechs Jahre im Lebensverlauf, dass sowohl entwicklungspädagogisch als auch volkswirtschaftlich gesehen kein Euro im Bildungsverlauf so gut eingesetzt ist wie in diesen Jahren und dass Kitas deshalb die wichtigsten Bildungseinrichtungen sind! Und das bedeutet auch: Dass Eltern für die Kitas Geld bezahlen müssen, ist eigentlich absurd und in unserem System nur dem Verlauf der Historie geschuldet, die Kitas unterbewertete und – zumindest in großen Teilen Deutschlands!

06.03.18 –

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Wie schön, dass wir wieder mal über Kitas reden, wenn auch mit einem neuen Fokus.

Die meisten von uns werden sich noch an die Zeit erinnern können, als man (und frau) gemeinhin dachte, Betreuung von kleinen Kindern sei das Sortieren von Bauklötzchen und das Putzen von Rotznasen. Mittlerweile wissen wir genau, dass diese ersten sechs Jahre weitaus wichtiger für die Entwicklung sind als jede weiteren sechs Jahre im Lebensverlauf, dass sowohl entwicklungspädagogisch als auch volkswirtschaftlich gesehen kein Euro im Bildungsverlauf so gut eingesetzt ist wie in diesen Jahren und dass Kitas deshalb die wichtigsten Bildungseinrichtungen sind! Und das bedeutet auch: Dass Eltern für die Kitas Geld bezahlen müssen, ist eigentlich absurd und in unserem System nur dem Verlauf der Historie geschuldet, die Kitas unterbewertete und – zumindest in großen Teilen Deutschlands! – die Mütter gleich mit, die die Kinderbetreuung ja eigentlich auch zu Hause erledigen könnten, anstatt sie dem Staat aufzubürden. Es wird Zeit, dass damit ein für alle Mal Schluss ist!

Deshalb: Danke für diesen Schritt!

Gleichzeitig haben wir aber auch alle gelernt, dass es keinerlei Kausalverknüpfung zwischen der Erleichterung im Geldbeutel der Eltern und der Qualität der Kinderbetreuung gibt.

Und da sind die Herausforderungen weiter groß: Laut dem Ländermonitor der Bertelsmann Stiftung (Stichtag 1.3.2016) haben wir bei den Krippenkindern bundesweit die größten Gruppen, also mal wieder – trotz der Anstrengungen der Koalition in den letzten Jahren – die rote Laterne für Brandenburg. Bei den Kindergartenkindern stehen wir immerhin an fünft-letzter Stelle – als bestes Land unter den Ost-Bundesländern, die hier auch weiterhin, bald drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall, immer noch eine negative Sonderstellung haben.

Um über die Qualität der Betreuung Erkenntnisse zu gewinnen, haben wir im Dezember ein landesweites Monitoring beschlossen. Prima, dafür habe ich mich viele Jahre eingesetzt. Der Pferdefuß an der Sache: Es wird gut zwölf Jahre dauern, bis alle Kitas einmal teilgenommen haben.

Bei der Kita-Betreuung ist der Handlungsbedarf riesig und das hier vorgelegte Gesetz ein Puzzlesteinchen von vielen, die noch fehlen. Die Diskussion, ob der Schwerpunkt bei der Beitragsfreiheit oder bei den Qualitätsverbesserungen liegen soll, ist nicht zu Ende. Und auch in Brandenburg gibt es Viele, allen voran die Liga der Träger der freien Wohlfahrtspflege, die der personellen Verbesserung hier gerne Vorrang einräumen würden.

Wie jede schöne Medaille hat das hier diskutierte Gesetz zwei Seiten: eine eher politische und eine eher technische. Zur politischen Seite habe ich schon Einiges gesagt. Und auch zur eher technischen Seite gibt es viel zu debattieren. Bevor ich das anreiße, möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im MBJS danken für diese Arbeit, die ja unter Zeitdruck entstanden ist, für die Detailtiefe und Sachkenntnis, die aus diesem Gesetzentwurf spricht!

Wir überweisen ihn in den Ausschuss, da scharren schon viele Akteure mit den Hufen und es wartet eine lange Fragenliste, etwa:

Doktern wir hier an einem Gesetz herum, das viele für grundsätzlich überarbeitungsbedürftig halten? Wie viel bürokratischer Aufwand entsteht, um den Trägern ihre Mehrausgaben zu erstatten, die mit der Pauschale nicht abgedeckt sind? Wird es Mitnahmeeffekte geben, wenn Eltern längere Betreuungszeiten vereinbaren, was dann wiederum die Kalkulationen verzerrt? Und warum ist es nicht zu schaffen, das leidige Thema der unterschiedlichen Zuschüsse zum Mittagsessen endlich abzuräumen – denn die Essenszuschüsse sind ja aus der Beitragsfreiheit explizit ausgenommen. (Aber naja, das wird ja laut Koalitionsvertrag jetzt die Große Koalition auf Bundesebene für uns erledigen ...) Und wenn der vorgesehene pauschale Erstattungsbetrag an die örtlichen Träger der Jugendhilfe regelmäßig überprüft werden soll: Wer macht das eigentlich? – Es gibt also noch Einiges zu klären.

Aber alle haben wir ein Interesse daran, diesen Gesetzentwurf planmäßig zum 1. August in Kraft treten zu lassen. Und parallel verlieren wir die anderen Puzzlesteinchen nicht aus den Augen!

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Reden