Marie Luise von Halem spricht zum Doppelhaushalt (Einzelplan zu Bildung, Jugend und Sport)

[Anrede] Natürlich habe ich auch Kritik, trotzdem möchte ich vorweg schicken, dass dieses hier die versöhnlichste Haushaltsrede sein wird, die ich bislang gehalten habe. Tatsächlich hat Herr Baaske als Bildungsminister, haben die beiden rot-roten Regierungsfraktionen in den letzten beiden Jahren Vieles richtig gemacht. So dass man sich schon manchmal fragt, warum das eigentlich all die Jahre vorher so schwer gewesen ist? Denn die Themen sind mehr oder weniger dieselben.

14.12.16 –

Es gilt das gesprochene Wort!

[Anrede] Natürlich habe ich auch Kritik, trotzdem möchte ich vorweg schicken, dass dieses hier die versöhnlichste Haushaltsrede sein wird, die ich bislang gehalten habe. Tatsächlich hat Herr Baaske als Bildungsminister, haben die beiden rot-roten Regierungsfraktionen in den letzten beiden Jahren Vieles richtig gemacht. So dass man sich schon manchmal fragt, warum das eigentlich all die Jahre vorher so schwer gewesen ist? Denn die Themen sind mehr oder weniger dieselben. Ein Thema war allerdings neu: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie Flüchtlingskinder in Schule und Kita. Wir haben uns in jeder Ausschusssitzung den Stand der Dinge berichten lassen. Und natürlich lief Vieles schief: Es gab nicht ausreichend Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache – aber gute Gründe, der Bedarf in diesem Ausmaß neu und Fortbildner*innen rar. Und weiterhin frage ich mich, ob nicht ein Großteil der geflüchteten Kinder unter ihrem Niveau beschult wird: Die Schulleitungen entscheiden über die Einstufung, und ist das System dann tatsächlich unterstützend und durchlässig genug, dass ihnen nach grundlegendem Spracherwerb ausreichend Chancen gegeben werden? An Oberschulen sind 17,5 x so viele Einzugliedernde wie an Gymnasien: Das kann eigentlich nicht mit rechten Dingen zugehen! – Und dass das Ministerium ein volles Jahr gebraucht hat, um den Schulen in freier Trägerschaft eine adäquate Eingliederungshilfe für Flüchtlingskinder auszurechnen, ist eher ein Beleg für Starrsinn denn Beweglichkeit, aber Alles in Allem gebührt dem Ministerium an dieser Stelle ein Lob, sowie auch der ganzen Landesregierung, mit der Umsetzung des Nachtragshaushaltes ein Fundament für Willkommenskultur geschaffen zu haben! Zweitens, Inklusion. Dass nach den Empfehlungen des wissenschaftlichen Beirates im März 2014 jetzt bald drei Jahre ungenutzt vergehen, ist schwer erträglich. (Das neue Konzept gibt es im Entwurf seit Ende Juli, es sollte Anfang Dezember im Kabinett beschlossen werden. Wo ist es eigentlich? Wir wollten es doch jetzt im Parlament diskutieren!) Das Konzept ist gut, aber diese unendlichen Verzögerungen lassen an der Ernsthaftigkeit zweifeln. Klare Folge ist, dass wir im bundesweiten Vergleich zwar mal ganz gut dastanden, aber jetzt immer weiter zurück fallen. Und Inklusion ist ja viel mehr, als das Ministerium jetzt plant: Es geht um viel mehr als die Förderbedarfe Lernen, emotional-soziale Entwicklung und Sprache! Das ist doch erst der erste Schritt! Auch eine Stärkung der Oberschulen, wie wir es morgen beantragen, ist ein Schritt für mehr Inklusion. (Kleiner Exkurs: Wir hätten es ausgesprochen begrüßt, wenn die 17 Millionen, die Finanzminister Görke für die Angleichung der Oberschullehrkräfte vorgesehen hatte, auch da angekommen wären!) Zudem hat der wissenschaftliche Beirat vor zweieinhalb Jahren mehrere Vorschläge gemacht, die längst hätten umgesetzt werden können, z.B. die Ombudsstelle Inklusion. Hier muss endlich mehr „Butter bei die Fische“! So wie die Dinge jetzt laufen, muss sich die Landesregierung Verzögerungstaktik aus falsch verstandenen Sparerwägungen heraus zum Vorwurf machen lassen. Denn die betroffenen Kinder kommen ja nicht erst in ein paar Jahren, sondern sie sind jetzt schon da – und Leidtragende der Schlafmützigkeit dieser Regierung! Drittens Kita Seit unserem Einzug in das Parlament 2009 fordern wir immer wieder einen Stufenplan für mehr Qualität, der auch aufzeigen soll, wie wir unseren Betreuungsschlüssel zumindest auf deutsches Mittelmaß steigern können. Natürlich begrüßen wir die Verbesserungen dieser Legislaturperiode und wir begrüßen auch das Kita-Paket von Ende September, das z.B. mit der verbesserten Leitungsfreistellung auch einen Punkt enthält, den wir seit Jahren fordern. Wenn auch einzelne andere Punkte noch der Konkretisierung harren (was z.B. ist denn eigentlich eine ‚Kiez-Kita’ und wie soll ihr unter die Arme gegriffen werden?), so ist doch die Richtung prima und natürlich haben wir im Ausschuss dafür gestimmt - wie übrigens auch für alle anderen Änderungsanträge der Koalition – was sie uns im Gegenzug leider nicht honoriert hat. Trotzdem glauben wir: Da geht noch mehr! Um deutlich zu machen, wie wichtig wir die frühkindliche Bildung nehmen, halten wir hier in der zweiten Lesung unseren Antrag auf Einführung einer dritten Betreuungszeitstufe aufrecht. Das würde uns nochmal 30 Millionen pro Jahr kosten und das Betreungsverhältnis erneut verbessern. Wir zeigen auf, wie das funktioniert. Denn die Zeit drängt angesichts der wenigen Jahre, die ein Kind in der Kita ist! Darüber hinaus legen wir einen Entschließungsantrag vor (dem dürfen Sie im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung zustimmen), mit dem wir uns verpflichten, ab 2020 von den aus dem neuen Länderfinanzausgleich zusätzlich erwarteten ca. 300 Millionen jährlich zwei Drittel, also 200 Millionen, für eine verbesserte Qualität in Kitas und eine finanzielle Entlastung der Eltern auszugeben. Wenn wir uns nicht bald eine substantielle Verbesserung der Kita-Situation einfallen lassen, sondern uns weiter mit diesen Tippelschrittchen bewegen wie die letzten Jahre, dann werden noch Kinder-Generationen die Kita durchlaufen unter ähnlichen Bedingungen, wie wir sie jetzt haben – wo wir sie doch so viel besser fördern könnten und sollten, bevor sie die Schule besuchen. Die Beitragserleichterung für die Eltern ist auch ein wichtiger Schritt. Die von der Koalition jetzt vorgeschlagenen 15 Mio decken ungefähr ein Zehntel des Betrages ab, den wir für eine völlige Beitragsfreiheit bräuchten. Denn – und das wissen wir alle – es ist völlig absurd und nur aus der Historie heraus zu erklären, dass Kita, diese ersten und wichtigen Jahre in der Bildungsbiografie, etwas kostet und Schule nicht! Dann sollten wir auch nocheinmal nachdenken über landesweite Qualitätsstandards für Kindertagesstätten, unsere alte Forderung. Zumindest im Sinne von Mindeststandards, denn Kita ist nicht nur Kindertagesbetreuung, sondern sollte der Entwicklung hilfreich sein, anregen und fördern. Wir erinnern uns an die NUBBEK-Studie, die erste bundesweite Studie zur Qualität von Kindertagesstätten, die nur knapp 10 % aller Kitas bundesweit gute bis sehr gute Qualität attestierte! Viertens haben wir im Ausschuss weitere Änderungen beantragt, zum Landesjugendplan (der von der Regierung jetzt auch endlich aufgestockt wird), für eine bessere Ausstattung der Weiterbildungseinrichtungen, für mehr Schulsozialarbeit, Qualitätsverbesserungen beim Ganztag und zur Fortbildung von Lehrkräften. Hier tut sich die Frage auf, warum die zur Verfügung stehenden Gelder eigentlich nicht samt und sonders abgerufen werden – von Lehrkräften aber immer wieder bemängelt wird, es gäbe nicht ausreichend Angebote! Da scheint der Wurm irgendwo im System zu liegen. Entweder sind die Angebote nicht ausreichend bekannt, oder die Lehrpersonen haben nicht genügend Freiraum zur Wahrnehmung – oder (wahrscheinlich!) beides. Auch in die Qualifizierung von Seiteneinsteiger*innen muss künftig mehr investiert werden. Angesichts der großen Zahl derselben (ich erinnere: ein Fünftel aller Neueinstellungen dieses Jahr!) müssen wir bessere Angebote schaffen, damit sie sich berufsbegleitend ihre Lehrbefähigungen erarbeiten können. Nach der Ablehnung aller unserer Anträge im Ausschuss geben wir den Koalitionsfraktionen jetzt nochmal die Möglichkeit, uns bei einem Änderungs- und einem Entschließungsantrag (beide zur Verbesserung der Kitas) zuzustimmen! Da bei der Debatte über die globale Minderausgabe im MBJS der Minister freimütig bekannte, es gäbe im Ministerium in der Regel sowieso regelmäßig Haushaltsüberschüsse in Höhe von ca. 20 Millionen, ist die Hürde diesmal nicht so hoch! Denn wir wollen bei all unseren Änderungsanträgen als ernstzunehmende Opposition keine Luftschlösser in die Zukunft malen, sondern unseren Gestaltungsanspruch daran messen, aufzuzeigen, wie wir es wirklich besser machen würden. – Ganz im Gegensatz zur AfD, die im Wissenschaftsausschuss noch beantragt (obwohl da Herr Gauland sitzt, der bekanntlich noch viele anderweitige Aufgaben hat!), alle Gelder für Inklusion zu streichen „da sie auf fragwürdigen Konzepten basieren“, dann aber im Bildungsausschuss einen Tag später keinen einzigen Antrag stellt und auch sonst in der Debatte keinen Pieps von sich gibt! Und noch ein fünfter, letzter Punkt, nicht aktuell haushaltsrelevant, aber unverzichtbar im Sinne einer vernünftigen Zukunftsplanung: In der letzten Legislaturperiode gab es eine Demografiekommission, die gute Vorschläge zur künftigen Gestaltung der Grundschulen in ländlichen Regionen gemacht hat. Es zeugt von Ressourcenverschwendung und mangelndem Weitblick, sowohl diese Vorschläge in den tiefen Schubladen des Ministerium verschimmeln zu lassen als auch sich keinerlei Gedanken über die Zukunft der weiterführenden Schulen in ländlichen Regionen zu machen. Das kostet erstmal kein Geld, muss aber hier trotzdem nochmal gesagt werden! Manchmal erinnert mich diese Koalition an zwei Kinder beim Dreibeinlaufen. (Sie wissen: Das Kinderspiel, bei dem zwei nebeneinander her laufenden Kindern zwei Beine zusammen gebunden werden.) 2014 musste der Gleichschritt neu justiert werden. Es holpert und manch einer holt sich dicke Beulen, nach vorne gucken ist machmal schwer. Trotzdem gewinnt das Duo an Fahrt – und das kann ruhig so bleiben, zumindest im Bildungsbereich.fileadmin/ltf_brandenburg/Dokumente/Antraege/6_Wahlperiode/6_5628_AEA_Einfuehrung_einer_3._Betreuungszeitstufe.pdf >> Änderungsantrag zum Haushalt: Einführung einer 3. Betreuungszeitstufe (pdf-Datei) Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.

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Reden